Survivalmagazin
Samstag, 14. Oktober 2017
Survived
Und wieder eine Nahtoderfahrung hinter mir.

Ich bin nicht tot, habe nur eine kleine Verdrehung des Knies.
Und keine Erleuchtung oder sowas.

Im Gegenteil. Als wir mit dem Flugzeug aufstiegen und an Höhe gewannen, war mir die Welt da unten völlig gleichgültig. Es war wie eine Befreiung zu sehen, wie alles kleiner und kleiner wurde und damit immer mehr an Bedeutung verlor. All die Dinge, die mich in letzter Zeit aufwühlten, Max, Christoph, mein Leben, diese elendige Liebeskiste, meine Zukunft... Alles völlig egal.

Vielleicht war das doch eine Art Erleuchtung.

Als es dann daran ging aus dem Flugzeug rauszuspringen, kam die Panik wieder.
Ich war die letzte, die sprang. Die Assoziation mit einem Beckenrand im Schwimmbad oder dem Brett vom Sprungturm kam in mir auf. Nur das unter mir kein Wasser, sondern 4000m Luft waren.
Ich dachte in diesem Moment an keine bestimmte Person, nicht an die wahre Liebe oder so einen Mist. Ich dachte "Ich bin wirklich ziemlich bescheuert da jetzt runterzuspringen."
Vor... zurück... vor... und raus.

Drehung, Wolken, Himmel, Wolken, Horizont.... Horizont, Wolken...Kopf nach oben. Horizont. Elendig weit. Die Wolken hängen über dem Land als würden sie dazu gehören und ich bin weit über ihnen.

Ich strecke die Arme aus und fühle die Luft. Meine Ohren werden kalt. Meine Hände liegen auf dem Luftpolster. Zuerst hatte ich Angst meinen Gurt loszulassen, Angst mich selbst loszulassen, dabei war ich nirgendwo fest. Irgendwo im hinterkopf der Gedanke an meinen Lateinlehrer (Unterbewusstsein, was willst du?)*
(...)

Zurück auf dem Boden der Tatsachen.
Meine Familie. Stolz mich lebend zu sehen. Viele Bilder gemacht.
Irgendwie ist hier nicht viel.
Ich wollte nicht viel erzählen, war froh unten zu sein.
Jetzt bin ich es irgendwie nicht mehr. Jetzt habe ich wieder nachgeguckt und immer noch keine Nachricht von ihm und wünschte mir wäre wieder alles egal, alles Dinge wären so klein und nichtig.

Ich gehe heute zu einem Freund und wir gucken uns einen Film an. Ich bin froh, Pause von Max zu haben. Der ist heute bei einer Familienfeier.
Ich weiß nicht, was werden soll. Den ganzen Heimweg habe ich überlegt. Es gibt keine richtige Antwort und auch keine richtige Entscheidung.

Liebe Grüße.

PS: Danke, das weiß ich sehr zu schätzen.
Wenn mir irgendwann sonst etwas zustößt....



*Christoph und ich hatten uns bei diesem Lateinkurs kennen gelernt, war es das? Oder das Trauma meiner mündlichen Prüfung mit deren Nervosität ich vor dem Sprung meine Nervosität verglich?

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 178 Strommännchen  mussten schon arbeiten
Heute
Sieht wohl so aus, als wäre ich heute dran.

Um 12 Uhr geht es los.

Ich melde mich, wenn ich nicht tot bin oder sowas.

Ansonsten, wenn ich irgendwie verschwunden bin, oder mein Facebookprofil voller Abschiedsgrüße ist, könntest du Max diesen Blog zeigen?
Hier ist neben viel unschönen auch einiges Schöne, was er verdient hat zu sehen. Aber auch Wahrheiten. Viele gelöschte Einträge sind für heute noch einmal online.

Christoph hat mir seit 3 Tagen nicht zurückgeschrieben. Ich weiß nicht, ob dies mich nervöser machen sollte als der Sprung.


Hoffentlich bis bald,

C.

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 184 Strommännchen  mussten schon arbeiten
Mittwoch, 11. Oktober 2017
online seit 1616 Tagen.

Es war verdammt schwer am Wochenende daheim zu sein. Dafür gab es Alkohol.
Ich bin dann Montagfrüh um 7 wieder zurückgefahren, um wie geplant den Tag in der Bibliothek zu verbringen.
Tatsächlich kam ich erst um 12 dazu mich dorthin aufzumachen, weil Mitbewohner, Einkaufen etc. dazwischen kamen.
Dann also in die Bibliothek.
Verdammt war das deprimierend. Kein Christoph, keine Chance. Ich hatte mir ein paar Dinge überlegt.
Wir könnten wandern gehen (ja, sowas machen Leute vom Land ;))
oder zum Poetry Slam. Die Karten habe ich schon.

Ich bin dann nur 2 1/2 Stunden geblieben. Ich war ziemlich deprimiert, ihn nicht getroffen zu haben.

Am Abend haben dann zwei Freunde Einzugsparty gefeiert. Viel Alkohol, viele Gespräche, so war ich erst um 4 wieder Zuhause.
Wirre Träume, kratzender Hals, offenes Fenster.
Um 10 wurde ich wach und konnte nicht mehr einschlafen.
Mir fiel ein, dass Dienstag war. Dienstag hat doch das Büro offen, indem ich ein Zeugnis holen kann.
Ein Blick ins Internet verriet mir eine Öffnungszeit von 13:00 - 13:45 Uhr.
Da könnte ich noch am Campus Mittag essen.
Vorher Duschen... 2h Haare trocknen.
kurz vor 1 kam ich dann los.
Ich war etwas nervös, weil ein Teil der Prüfung damals nicht sehr gut lief und ich mich nicht nochmal vor dem Prüfer dafür rechtfertigen wollte.
So bin ich erstmal kurz in die Mensa... Campus vorher abgecheckt, kein Christoph.
Mensa. Unten hängen die Speisepläne aus. In den letzten Semesterferien standen Christoph und ich jeden Tag hier.
Nein, Hunger hatte ich keinen. Mein Magen war ein Knoten.
Vorbei an den Speiseplänen auf die Toilette.
Ein kurzer Moment der Privatsphäre. Nervös? Ein bisschen.
Raus aus der Toilette. Durchatmen.
Raus aus der Mensa, nach rechts, dort sitzt Christoph und raucht.

Genau wie ich es mir vorgestellt hatte.

Jetzt hatte ich ihn schon wieder ein ganzes Wochenende zerdacht und da saß er neben mir.
Und wir unterhielten uns.
Alles mögliche. Stundenplan, was ich hier mache und eine Anekdote aus einem Seminar von ihm.
Es ging dabei um irgendwelche Komilitoninnen.
Du kannst dir vorstellen wie neidisch ich auf diese Mädchen bin. Derselbe Studiengang. Dieselben Veranstaltungen jede Woche. Kein "Man sieht sich irgendwann".
Er zeigt auf drei Mädchen (ist es der Cheerleadereffekt oder sind die wirklich so attraktiv?). "Das sind welche von denen."
Er rief erst Hallo und als sie ihn nicht registrierten einen Namen "Lilly" (ich hatte Lilly bis dahin immer für einen schönen Namen gehalten..).
Zwei grüßten zurück, eine blieb im Laufen zurück und fragte, ob heute kein Jäten sei. Christoph zeigte auf den Himmel und verneinte.

Ich bin ein egoistisches Arschloch, aber ich wurde fast grün vor Eifersucht, als sie mit den Fingern ein Handy imitierte und sagte, dass sie ja schreiben werden. Dann folgte sie den anderen.

In diesem Moment war mir klar, dass ich ihn nicht, nein niemals fragen werde, ob wir mal was zusammen machen.
Mir wurde wieder schlecht.

Unser Gespräch ging weiter.
und weiter.
und weiter.

"Heute kein Jäten?" fragte ich schließlich, fast aus Trotz.
Er erzählte mir dann von der schieren Langweile (plus ein wenig Geldgier) aus der er diesen Job angenommen hat.
Und schon brach ich meinen Vorsatz von eben.
"Naja, wenn dir langweilig ist, bock zu wandern?"
"Hm, können wir mal machen"

Ich denke, damit kann ich leben.
Ich wies ihn daraufhin, dass es nicht unbedingt wandern sein muss.

Der Rest ging dann so: Er begleitete mich (Weil er "eh nichts zu tun hat") zum Büro aus dem ich meine Zeugnisse holte.
Ich begleitete ihn zur Bibliothek (Ach, ja heute willst du dort lesen?).

Ich erzählte ihm vom Fallschirmsprung am Samstag. Er wies mich darauf hin einen Fallschirm mitzunehmen.
Nochmals die Bestätigung, dass ich ihm schreiben kann wann ich will, er sei nach dem E-Mailchecken so süchtig wie ein Heroinabhängiger vom Stoff.

Tja, und jetzt weiß ich nicht, wann ich ihm schreiben soll. Ich halte nichts von der 3 Tage Regel. Dennoch will ich nicht zu aufdringlich wirken.

Aber das Atmen fühlt sich besser an.

https://www.youtube.com/watch?v=ZVkUuXMfbq8
Dies hier oben wirkte sehr leicht.
Der wirklich schwerste ist wohl der letzte Schritt.

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 195 Strommännchen  mussten schon arbeiten
Samstag, 7. Oktober 2017
Die Antwort hat mich zum Weinen gebracht. Warum, möchte ich nicht weiter ausführen. Vielleicht auch, weil ich mir selbst da nicht sicher bin.
Wir haben ein paar Mal hin und her geschrieben. Ich habe ihm Probeklausuren geschickt und geschrieben, dass er sagen soll, wenn er noch ein paar braucht.
Mein "Ich bin immer für dich da.". Ich bin so dumm.
Irgendwann habe ich nicht mehr geantwortet, weil ich Angst vor einem Höflichkeitssmalltalk hatte, bei dem die Nachrichten immer kürzer werden.
Das war am 17.09.

Diese Woche habe ich mit Komilitonen die Einführungswoche für die neuen Studenten gemacht. Wir hatten einen Stand im Foyer der Uni und haben viele viele neue Leute kennen gelernt und beraten.
Es war das erste Mal seit 5 Wochen wieder dort und es gab keine Straßenbahnhaltestelle, keinen Fußweg, keinen Mülleimer, an dem ich vorbeiging ohne an Christoph zu denken. Ich war quasi dabei ihn zu "zerdenken". Ich habe so lange an ihn gedacht, dass ich mir im Geiste eine fremde Person kreiert habe.
Zuvor war ich beim Abschied von Max für diese Woche gleichsam emotional.
Ist das möglich?
Sieht wohl so aus.

Heute, am letzten Tag der Einführungstage, saß ich genau 2 Stunden am Stand. Die letzten Tage endlos lange, ewig dasselbe T-shirt angehabt, die Haare nicht gewaschen und vom Kneipenabend leicht verkatert und genau heute musste er durch die Tür ins Foyer hereinkommen.

Die ganze Woche hatte ich nach ihm Ausschau gehalten, jede Person seiner Größe für den Bruchteil einer Sekunde für ihn gehalten, konnte an keiner Bank vorbei ohne einen kurzen Blick zur Seite, keinen Schritt vor die Tür. Dennoch war ich mich sicher, dass er noch nicht wieder da ist, dass er noch Zuhause ist, denn was sollte er denn hier?

Aus diesem Grund glaubte ich mir selbst nicht als mein Gehirn wohl zum 5000sten Mal am Tag verkündete: "Da ist Christoph".
Ein kurzer Blick von ihm, alles klar, eine Person verdeckt die Sicht zur Tür, ich greife nach einem Traubenzucker, Herzklopfen, keine Zeit nachzudenken, Kopf hoch, er ist wieder zu sehen, erkennt mich, ich lächelte wohl und hob die Hand, ich glaube er hat auch gelächelt, wieder Person vor ihm, Herzklopfen, ich öffne das Traubenzucker, jetzt beruhige dich, er läuft auf den Stand zu, steht an meinem Platz, ein Tisch voll Flyer zwischen uns.

"Guten Tag, möchtest du Lehramt studieren?"
- er beginnt zu lächeln, ein breiteres Lächeln als eben
"Nein, auf gar keinen Fall!"
"und Latein?"
-kleineres Lächeln und dann leiser
"mal sehen"

(ich denke, das war der schönste Moment in den letzten zwei Monaten)

Ich stehe auf, beuge mich über den Tisch und umarme ihn. Zwei Tage altes T-shirt.

Er fragt mich, wie ich die Semesterferien verbracht habe.

"Kindergarten mit Kindern, Ferienlager mit Kindern..."

Er sagt, er war im August daheim und ist seit September wieder da und dümpelt so rum.

(Die ganze Zeit. Ich weiß nicht, ob es irgendetwas geändert hätte, aber: die ganze Zeit.)

Jetzt habe er einen Job. Jäten.
Ich musste zweimal nachfragen, weil ich Jäten für ein modernes Wort hielt. Er lachte darüber und machte Witze.

-Erinnerungslücke-

"Verbrennt die Ketzerin" (ich weiß beim besten willen nicht mehr wiedo, komisch wie sich manche Dinge einprägen und andere wiederum nicht)

Eine Karte für die Party, die wir organisieren wolle er erstmal nicht kaufen.
(halb) im spaß "so viele Lehrämtler auf einmal ertrage ich nicht"

Dann ist er gegangen. Erst etwas erledigen, dann in der Bibliothek lesen.
ich gab ihm ein Traubenzucker, Red Bull wollte er nicht.
"Ciao, man sieht sich."
"wir sind bis um 12 hier."

kann ein "man sieht sich bestimmt mal irgendwann" so weh tun?


---------------------------------------------------------------

Und jetzt?
Scheiße, ich habe keine Ahnung. Ich habe keine Ahnung, was mit Max wird, ich weiß nur, dass ich nächste Woche in die Bibliothek gehen werde, um zu lesen. Vielleicht sieht man sich ja dann mal, vielleicht traue ich mich ja dann mal zu fragen, ob wir mal etwas unternehmen wollen. Wir könnten ins Kino gehen, oder ist das zu intim?
Wandern? zu anstrengend?
Die Party ist nichts für dich? Wollen wir zum Poetry Slam?
Oder einfach nur Reden?

Was machst du heute noch so?
Und morgen?
Ich mag dich.
Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt. - was könnte falscher sein?

Ich hatte morgen vor dorthin zu gehen, möchtest du mitkommen? - wirkt das aufdringlich? Wirkt das normal?

Ich würde gerne Zeit mit dir verbringen.

Alles andere kommt mir gerade ziemlich sinnlos vor.

PS: Der Sprung wurde auf den 14.10. verschoben.

Hey, ich springe morgen Fallschirm, wollen wir heute meinen letzten Tag genießen?

ich verbleibe mit kreisenden Gedanken, selbstzerstörerisch feige,
S.

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