Survivalmagazin
Montag, 27. November 2017
Ich bin mal wieder krank, liege im Bett und höre mir "Herr der Ringe" als Hörbuch an.

Eine schöne Vorstellung. Er sitzt an meinem Bett und liest mir etwas vor. Was ist eigentlich egal. Ich mache die Augen zu und mir ist warm und ich höre seine Stimme und schlafe dabei ein. Irgendwann hört er auf zu lesen, klappt das Buch zu, legt es auf den Nachttisch und gibt mir einen Kuss auf die Stirn oder Wange oder was auch immer gerade erreichbar ist. Und dann streicht seine Hand kurz über meine Haare.
Er steht auf und geht nach draußen.

In einer anderen Vorstellung legt er sich zu mir. Er legt sich hinter mich und drückt seinen Körper an meinen. Seinen Arm legt er um meinen Körper. Richtig fest.
Beide Hände streichen über meinen Körper. Alles was ist, ist das "da sein" in diesem Moment. Das Gefühl, dass du da bist und ich.

Dann liegt er vor mir und ich kann mich fest an ihn drücken, meine Hand um ihn legen und mein Gesicht in diese Stelle zwischen Kopf und Schulter legen.


Vermisse ich jemanden oder etwas?

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 226 Strommännchen  mussten schon arbeiten
Samstag, 25. November 2017
Schönster Moment des Tages: Als ich im Thalia mit der Rolltreppe hinuntergefahren bin.
Warum das?
Nun ja, in einem vergangenen Beitrag hatte ich ja darüber geschrieben, dass ich meine Drittsemesterschock gefragt habe, ob er mit mir wandern gehen wolle und er meinte, dass er seine Schwester fragen wollte, ob wir das an dem Wochenende an dem sie ihn besuchen kommt machen.

Er hat mir deshalb nie wieder etwas gesagt und ich wollte nicht fragen, weil ich mir aufdringlich vor kam. Es ist schließlich seine Schwester.
Naja und das Wochenende ist jetzt.

Er hat mir jedoch erzählt, was sie ungefähr tun werden. Stadt angucken, essen gehen, der übliche Kram halt.

Ich bin ein fairer Spieler. Ich wartete bis zur Mittagszeit, um in die Stadt zu gehen. Irgendwann musste ich schließlich los ( weil wegen Hunger und ich musste mir einen neuen BH kaufen) und nun regnete es schließlich, da guckt sich keiner mit seinem Besuch die Stadt an.

In der Mensa erwartete ich fast ihn zu sehen. Sie beide zu sehen. Sie war grauenvoll, diese Anspannung. Zuvor war ich bereits in so einem schrecklich großen Einkaufszentrum. Auch dort nicht, nein. Auch wenn Leute ihren Besuch immer in Einkaufszentren mitnehmen. Als hätten die sowas nicht selbst Zuhause (man merkt, dass meine Laune nicht besonders gut ist, oder? Willkommen in meiner heutigen Gefühlswelt!)

Im Prinzip hatte ich (wenn ich es mir auch selbst nicht eingestehen wollte) folgenden Plan: Er hatte mir erzählt, dass sie sich die Bibliothek anschauen wollte, denn sie mag Bibliotheken. Und ich hatte noch eine Menge zu tun und in der Bibliothek kann ich halt am besten arbeiten, was solls!
Also wollte ich nach dem Essen gleich zur Bibliothek laufen, kam jedoch von der Uni am Thalia vorbei. Da fiel mir ein, dass ich mir diese Woche dort eine Spanischkurs bestellt hatte, den ich ja eigentlich auch gleich abholen könnte. Und natürlich dachte ich an die Tatsache, dass Besuch auch immer in den Thalia geht. Ich machte mir beim reingehen darüber Gedanken, wo sie, wenn sie denn dort wären sein könnten ... welche Abteilung? - vermutlich eher oben. Auch ich musste nach oben. Sah sie schon dort stehen, vielleicht sahen sie sich die Plüschkrankheiten an. Aber da war natürlich niemand. Hat mich nicht enttäuscht, auch damit hatte ich gerechnet. Ich versuche immer mit allem möglichen zu rechnen, damit ich nicht in diesen herzanfallnahen Zustand gerate, wenn ich Christoph sehe. Aber natürlich: Siempre es differente de lo que piensas. Ich holte mir mein Buch an der Kasse ab. Sagte meinen Namen und stellte mir vor, dass er ihn vielleicht hörte, wenn er gerade hier war. Dann bezahlte ich mich Karte und versuchte den Karton in meinen Rucksack zu stopfen.

Und dann kam die Rolltreppe. Die befindet sich neben der Kasse, in der Mitte des Raumes. Ich stieg auf die erste Stufe, blickte nach vorne, sah für den Bruchteil einer Sekunde Christoph mit einer Frau, die mit aller Wahrschienlichkeit seine Schwester war, stehen, blickte dann nach unten und versuchte ruhig zu bleiben und nie wieder nach oben zu sehen.
"Ruhig bleiben, nicht umfallen" sagte ich mir, denn es fühlte sich wirklich so an, als würde ich gleich von der beschissenen Rolltreppe fallen.
Ich sah nach oben, ich weiß gar nicht genau weshalb, vielleicht hatte Christoph mich angesehen und ich hatte es gemerkt oder ich bin einfach blöd oder was weiß ich. Ich habe ihm gewunken und er auch und dann habe ich wieder etwas weg geguckt und dann wieder hin und er sagte etwas zu seiner Schwester, ich verstand nicht, was es war, er bewegte seinen Mund. Es war bestimmt nichts über mich. Es sah wie etwas beiläufiges aus. Ich lächelte und hob noch einmal die Hand. Dann blickte ich wieder nach unten und dann wieder nach oben und sah wie er in Richtung der Kasse ging, bei der ich eben noch stand. Ich musste schon den Kopf drehen um ihn sehen zu können und blieb schließlich beim Blick nach unten.

Ich frage mich gerade warum er gerade in diese Richtung gegangen ist und ob er an der Rolltreppe nach unten geschaut hat oder ob sie vielleicht die nächsten waren, die sie hinunter gefahren sind, knapp nach mir.
Ich denke, es ist leichter zu glauben, dass sie gerade erst in den Laden kamen und noch länger dort blieben.

Ich jedenfalls ging raus. Natürlich nicht ohne den Gedanken umzudrehen und Hallo zu sagen. Aber ich riss mich zusammen, denn das letzte was ich wollte war verzweifelt wirken oder aufdringlich. Was würde Christoph tun? Er würde sich verpissen und so tat ich dasselbe. Und dann ging ich tatsächlich in die Bibliothek, wo ich zuviel nachdachte und zu wenig schaffte und sie nicht sah.

Et recte: Der schönste und schlimmste Moment des Tages, war, als ich im Thalia mit der Rolltreppe nach unten fuhr.


PS: Gestern Abend fiel mir etwas Interessantes ein: Die Suche nach dem großen Glück ist etwa so wie der Versuch einen Regenschirm trocken zu bekommen, während es regnet.

Letztlich verfolgen wir doch das falsche Ziel. Und unter dem aussichtslosen geschüttele und gewringe werden wir nass, obwohl wir einen Schirm dabei haben.

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 232 Strommännchen  mussten schon arbeiten
Mittwoch, 22. November 2017
"Ohne die Erinnerung und die Verdinglichung, die aus der Erinnerung selbst entspringt (...) würde das lebendig Gehandelte, das gesprochene Wort, der gedachte Gedanke spurlos verschwinden, sobald der Akt des Handelns, Sprechens oder Denkens an sein Ende gekommen ist; es würde sein, als hätte es sie nie gegeben. Die verwandelnde Vergegenständlichung ist der Preis, den das Lebendige zahlt, um nur überhaupt in der Welt bleiben zu dürfen: und der Preis ist sehr hoch, da immer ein "toter Buchstabe" an die Stelle tritt, was einen flüchtigen Augenblick lang wirklich "lebendiger Geist" war."
- Hannah Arendt


Ich war wie immer sehr unentschlossen am Montag. Was sollte ich tun? Ihn wieder fragen, ob er mit kommt? Ihn auf dem Campus suchen?
Schließlich entschied ich mich dafür in die Bibliothek zu gehen und dort etwas für mein Studium (ja, ich studiere auch noch neben dem ganzen Gefühlskram) zu tun. von 12-16 Uhr hatte er, wie ich empirisch bewiesen hatte, ja eh Vorlesung. Also Arbeiten ohne Paranoia, er könnte jeden Moment an dem Bücherregal stehen, das neben meinem Arbeitsplatz ist.

Ach, ich will es nicht so spannend machen. Nachdem ich wirklich so 90 Minuten produktiv war, stand er an dem Bücherregal, das neben meinem Sitzplatz ist und stellte ein Buch hinein. Rein aus Reflex hatte ich den Kopf nach rechts gedreht, da ich eine Bewegung wahrgenommen hatte. Und da musste gerade Christoph stehen und so langsam ein Buch in das Regel befördern, dass ich glaubte in eine Slow-Motion Animation geraten zu sein. Er sah mich zumindest nicht an und ohne darüber nachzudenken, blickte ich wieder auf meinen Tisch, dann nach rechts, trank eine Schluck Wasser, stellte es wieder hin und nahm aus dem Augenwinkel wahr wie er ohne irgendein Wort zu sagen ging.

Dann hätte ich am liebsten angefangen zu weinen. Von jetzt auf gleich war mir so elend nach Heulen zu mute wie das letzte Mal im Kindergarten. Ich war traurig, dass er nicht "Hallo" gesagt hat, traurig weil ich nicht "Hallo" gesagt habe.
So ein Scheiß. Hätte ich doch irgendetwas gesagt. So dachte er wahrscheinlich ich hätte ihn mit Absicht ignoriert und die Konsequenz daraus war für ihn natürlich mich ebenfalls zu ignorieren. Was tun?
Zunächst ging ich auf die Toilette. Dann wieder am Platz.
Was nun?
Ich konnte mich jedenfalls nicht auf den Text konzentrieren, der vor mir lag. Natürlich Latein. Er hätte dieselbe Aufgabe haben können. Aber natürlich macht er lieber etwas "sinnvolles" und schwänzt dann die Vorlesung darin. Die wäre nämlich jetzt gerade. Arschloch. Ich würde ihm am liebsten den Text mit Wörterbuch auf den Tisch knallen an dem er sitzt und so etwas sagen wie "Wenn du schon deine Vorlesung schwänzt, dann mach wenigstens was vernünftiges." oder "Ich hasse es, wenn Talent verschwendet wird."
Irgendsowas jedenfalls.
Warum sollte ich es auch nicht tun?
Ich befand mich im Begriff aufzustehen, da meldete sich eine kleine Stimme in meinem Kopf. War das nicht wieder eine Affekthandlung? Sollte ich nicht noch einmal durchatmen und die Sache überdenken, statt wütend durch eine Bibliothek mit über 2000 Arbeitsplätzen zu renne, um einen Typen zu beleidigen, den ich eigentlich sehr mag?
Ich atmete einmal tief ein und aus, entschied, dass dies genug Bedenkzeit war und lief los.

Ich ging zuerst ein Stockwerk tiefer, um ein zweites Wörterbuch zu holen - schließlich brauchte ich ja eins, wenn ich ihm das andere gegeben hatte - dann wollte ich gerade die Treppe wieder hoch gehen, als ich ihn ganz unten im Foyer Richtung Treppe laufen sah.
Etwas nervös war ich da schon, aber Wut übertönt sowas ziemlich gut.
Und dann wartete ich. Zwei Treppen lang. Dann stand er vor mir und wirkte etwas überrascht. Aber er lächelte und sagte "Hallo" und ich auch und dann habe ich ihm das Buch in die Hand gedrückt mit dem Text und einen von diesen Sätzchen gesagt, aber nicht wütend, da ich in diesem Moment nicht mehr wütend war. Und dann sagte ich noch, dass ich wisse, dass er seine Vorlesung schwänzt und er meinte, dass er jetzt keine Vorlesung hat. (Hatte er doch, außer ich werde wirklich dement)
Aber dann war es wirklich schön. Wir redeten etwas an der Treppe, aber da es eine Bibliothek war mussten wir flüstern. Er erzählte mir, dass er gerade etwas für ein Seminar vorbereitete in dem es um lateinamerikanische Comics ging. Ich sagte, dass ich leider keine lat Comics kenne. Er meinte darauf, soetwas wie "Dann komm mit, ich zeige sie dir." und ich sagte "okay" und er sagte "das war eigentlich nur ein Scherz" und dann sagte ich "Dann sag sowas nicht" (Ich glaube das fand er lustig, ich fand es merkwürdig wirkend von mir, aber wenn ich über vergangene Gespräche nachdenke, finde ich immer alles merkwürdig wirkend). Und dann sind wir tatsächlich an seinen Platz gegangen. Er hatte immer noch das Wörterbuch und meinen Text in der Hand während er voraus lief.
Er zeigte mir den Comic und wir redeten etwas über Spanisch, dann über meinen Text. Und dann fragte ich ihn tatsächlich, ob er heute Abend wieder mitkommen wolle. Er meinte heute nicht, aber ein ander Mal. Und dann wollte ich ihn nicht länger aufhalten und umarmte ihn im Sitzen. (Diese Umarmung kommt wohl zu den Favoriten - Umarmungen im Sitzen sind eh viel besser)

Immer wenn ich diese bestimmte Art Zigarettenrauch rieche muss ich an ihn denken. Es ist die herbe Art, nicht der weiche Javanse Tabak, sondern der Rauch, der sich auf die Klamotten legt wie Ruß. Ich verbinde durchaus positive Gefühle mit diesem Geruch, dabei rauche ich nicht einmal. wenn ich an der Kippe ziehe wird mir schwindelig!

Zurück zur Geschichte. Ich sagte noch "Viel Spaß beim Fechten" und er "dir auch" "danke, aber ich fechte heute nicht" "beim Verbalfechten"
Und dann stellt ich meine Stuhl zurück (ich hatte mir einen rangeholt, da er an einem Einzelplatz saß) und nahm zum Abschied noch ein Übungsblatt von Wirtschaft in die Hand und sagte, er solle es verbrennen. Er lachte.

Immerhin kein "Man sieht sich".
Keine Abschiedsfloskel ist besser als eine schlechte Abschiedsfloskel.

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