Survivalmagazin
Donnerstag, 16. November 2017
Also, ich muss es loswerden. Ich habe die letzten beiden Nächte sehr schlecht geschlafen und kann vielleicht durch das Schreiben aufhören nachzudenken.

Am Montag war ich am Campus. Natürlich mit dem Gedanken im Hinterkopf Christoph zu treffen, was denn sonst. Auf jeden Fall gehe ich mit ein paar Leute immer Montagabend in eine Kneipe und dort spielen wir, trinken, reden und so Zeug. Das sind dann wohl meine sozialen Kontakt, wenn nicht sogar Freunde. Und letzte Woche habe ich Christoph am frühen Abend getroffen, er sagte er müsse jetzt zum Sport und ich habe für eine Sekunde überlegt, ob ich ihn frage, ob er nachher mitkommen möchte. aber das habe ich dann wieder verworfen, weil es irgendwie nicht in das kurze Gespräch gepasst hat und ich Angst hatte irgendeine Ausrede zu hören. Auf jeden Fall kam dann jemand dazu und damit hatte sich die Frage irgendwie für mich erledigt. Er ging dann auch bald und ich hatte das Bedürfnis nach Alkohol, um den Schmerz zu übertonen. (Soweit ist es schon? Ich trinke nie, wenn ich alleine bin, also muss ich jede Sekunde Gesellschaft ausnutzen ;))

Die ganze Woche sah ich ihn nicht. Es ging mir besser, wie schon beschrieben, Ich konnte mich auf Unikram konzentrieren und hatte Spaß an dem, was ich machte. Dennoch war da immer dieser Gedanke, man sieht sich vielleicht gleich. Man sieht sich. Furchtbarer Satz. Immernoch.

Kommen wir zurück zu diesem Montag. Ich kam also auf den Campus und wen sehe ich vor der Tür stehen und rauchen? Natürlich. Jedoch hatte er sich gerade in eine andere Richtung gedreht als ich in seine Richtung sah, was mich im Affekt dazu veranlasste geradeaus zu sehen und durch eine andere Tür das Gebäude zu betreten. Ich dachte mir, vielleicht ignoriert er mich ja, und wenn dem so ist: ein schönes Leben.
Natürlich kann ich diesen Gedanken nie wirklich durchziehen. Gefühle sind scheiße. Sie bringen einen entweder zu kopflosem Akitivismus oder trostloser Niedergeschlagenheit.
Ersterer ließ nicht lange auf sich warten. Ich ging erst zum Büro (ich musste etwas unterschreiben lassen), blieb dann vor der Tür stehen, drehte mich um und ging, demonstrativ an seinem Hörsaal vorbei, durch die Tür nach draußen, wo er noch immer stand.
Dann folgte eine sehr komische Situation, die ich in Kenntnis der folgenden Ereignisse nicht recht zu interpretieren weiß. Sonst würde ich denken, er wiche mir aus. Er stand erst mit dem Rücken zu mir, ich versuchte um ihn herum zu gehen, um ihn anzusprechen (keine Ahnung, was ich sagen wollte, blinder Aktivismus, wie gesagt) da drehte er sich genau in die andere Richtung, sodass ich fast einmal um ihn herum ging bis er mich bemerkte (In der Annahme, dass er mich vorher wirklich nicht bemerkt hatte und sich nur umdrehte um seine Zigarette am Aschenbecher auszudrücken). Ich sagte "buh" und er drückte seine Zigarette aus und lächelte dabei. Es war weniger ein Lächeln als ein Lachen. Und dann sagte er, was mich überraschte, dass er den Text, äh, den Satz noch nicht übersetzt habe. Dafür einen anderen und dann kamen wir auf Schwerter zu sprechen und damit auf seine abendliche Aktivität (er fechtet, dahin ging er letzte Woche). Und dann fragte ich ihn tatsächlich, ob er nach dem Fechten noch Lust habe mit uns mitzukommen. Und er sagte tatsächlich so etwas wie "eher ja". Er meinte auch, dass es zeitlich passt und all das. Also überhaupt nichts, was wie eine Ausrede klang. Dazu muss ich sagen, dass er normalerweise ein sehr zurückhaltender Mensch ist, was Pläne angeht. Zumindest, wenn ich mich ihm rede. Auch diesmal war es so, dass er nicht vollends zustimmte. Er sagte auch sowas wie, na mal gucken, und ich sagte wohl das einzig richtige, nämlich nicht "es ist nicht schlimm, wenn nicht", sonder einfach "okay, wir treffen uns um 8". Und dann als wir uns verabschiedeten - oh dazu noch ein Einschub: er umarmte mich von sich aus, ist noch nicht so oft passiert, normalerweise geht das von mir aus, die letzten Male als wir uns sahen, einmal war ich krank, da sagte ich ihm ja "komm mir nicht zu nahe" und das zweite Mal stand er und ich saß, keine Ahnung, es waren jedenfalls Abschiede ohne Umarmung, aber diesmal umarmte er mich. (Möglicherweise wollte er damit auch nur einen Schluss des Gesprächs suggerieren, weil er zur Vorlesung musste) - sagte ich "dann vielleicht bis nachher" und er sagte "Bis nachher". Na, was ist das?

Die nächsten 4 Stunden war ich recht aufgewühlt, aber nicht nervös. Wenn er nicht kam, gab es wenigstens Alkohol und wenn er kam.... keine Ahnung, ich hatte zwar daran gedacht, wie das wäre, aber mir erschien das Szenario so fantastisch (sowohl im Sinne von unrealistisch als auch im Sinne von großartig), dass ich diesen Gedanken nicht zuende denken wollte, aus Angst ich könnte dann enttäuscht werden.

So. Ich hatte ihm gesagt um 8.
10 nach 8 hingen wir (ich + Kneipentruppe) immer noch im Unigebäude rum und alles ging so quälend langsam vor sich, Ich hatte niemandem erzählt, dass ich eine Freund eingeladen hatte, einfach weil ich nicht irgendwelche Fragen gestellt bekommen wollte oder die Peinlichkeit, wenn er dann doch nicht erscheint.
Ich ging dann schließlich mit 2 Leuten vor. Raus aus dem Gebäude, Blick über den Campus. Da saßen und standen einige Leute, aber kein Christoph. Okay, ich war emotional darauf vorbereitet, dass er nicht da ist.
Dann gingen wir auf die Straße, mit unserem Ziel. Das Schild leuchtete, niemand stand vor der Tür.
Keine Ahnung woher, aber plötzlich war da Christoph und kam auf mich zu.
Das war dann wohl der schönste Augenblick in dieser emotionalen Abhängigkeit (Ich weiß, es klingt ziemlich kalt und rational, aber letztlich will ich es so nennen, da es verdammt nochmal mehr Abhängigkeit als Genuss ist, zumindest bis jetzt).

So, bevor es weitergeht in dieser tollen Geschichte gibt es eine kurze Erläuterung, die die Fakten zusammenfasst.
Ich, emotional abhängig von einem Typen ganz besonders und natürlich von Max (ja, den gibt es auch noch und bei ihm möchte ich von Liebe sprechen. Und zwar in einem erweiterten Sinn. Denn ich fühle mich bei ihm nicht zu irgendwelchen Aktivitäten gezwungen, ich genieße vielmehr die Tatsache, dass ich ihn immer sehen kann und ihn anrufen kann. Dennoch liebe ich ihn und das ist hier der Unterschied. Ich habe keine Ahnung, wie sehr ich Christoph mögen würde, wenn da nicht diese Angst wäre irgendetwas zu verpassen. Ich möchte herausfinden, was ich verpassen würde, bei Max weiß ich es schon. Und auch wenn das gefühllos gegenüber Max klingt: ich möchte nicht mein Leben mit der Frage nach dem "was gibt es noch" verbringen, sondern sehen. Ich möchte wissen, ob es etwas besseres gibt. Ja, jetzt habe ich es gesagt. Scheint das nicht jeden Glauben an die Liebe zu vernichten? Genau so fühle ich mich die letzten 4 Monate.), von einem Typen, den ich nach den Ferien (2 Monate) gerade einmal 5 Mal gesehen habe (in einem Monat), wovon 3 Male kein echter Zufall waren. Das heißt für mich: Zerdenken seiner Persönlichkeit, vielleicht auch Idealisierung von ihm, im Klartext hatte ich keine Idee mehr von ihm, wie ich ihn vor 5 Monaten das letzte Mal richtig kannte. Natürlich waren da die Mails, die ich nicht ausklammern möchte, aber die gab es in den letzten 4 Wochen nicht und es waren lange 4 Wochen. Ich hatte also jemanden eingeladen, ich traf mich quasi mit jemanden, der mich in meiner Vorstellung jeden Tag begleitet hatte, den ich jedoch nie in Wirklichkeit sah. Das war ein Sprung von 0 auf 100.
Ich war so glücklich in diesem Moment. Und dann auch schon wieder nicht mehr, denn wir betraten die Kneipe und ich machte mir sorgen, ob es ihm gefallen würde oder ob es ihn abschreckt, ob er vielleicht einfach irgendwann geht, weil die Gesprächsthemen doof sind oder einfach nicht vorhanden oder weil das Bier nicht schmeckt und er dann die Bahn als Ausrede nimmt.
Und dann erzählt er mir, dass er wohl nicht lange bleiben wird, weil er seine Sporttasche und seinen Rucksack in der Uni eingeschlossen hat und das Gebäude ja auch irgendwann abgeschlossen wird. Ich glaube ich sagte sowas wie "schade, aber schön, dass du da bist." und ich denke das hat wohl gereicht, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall sind wir da an unserem Stammtisch und ich setze meine Rucksack ab, da sagt er plötzlich, dass er sein Zeug doch herholt, damit er länger bleiben kann. Und ich habe mich natürlich gefreut, aber jetzt im Nachhinein frage ich mich, woher der plötzliche Sinneswandel?
Und dann kamen die anderen während er weg war und wieder sagte ich nicht davon, dass ein freund vorbei kommt. Und es dauerte so lange bis er wieder kam, ich dachte (wieder ein irrationaler Gedanke) er wäre heimgefahren oder sowas. Aber er kam natürlich wieder, inzwischen waren alle Plätze belegt und er musste sich eine Stuhl ranholen und zwischen uns saß jemand. Und dann wurde es richtig komisch.

Es war eigentlich nichts bestimmtes, aber es ist sowas von verdammt merkwürdig wenn zwei Gruppen (auch wenn eine Gruppe nur aus einer Person besteht) die du beide kennst und magst, aber völlig unabhängig voneinander, plötzlich zusammentreffen. Man fühlt sich wie der Schöpfer persönlich, voller Angst, dass die Schöpfung daneben geht.

Naja, dann begannen halt die Gespräche und auch er sprach und ich versuchte nicht künstlich ein Gespräch anzuregen, ich dachte kurz daran, aber dann fiel mir auf, dass es dämlich ist.
Ich war so nervös, dass meine Hand leicht zitterte. Der Met hat dann geholfen. Christoph trank ein Bier und bestellte sich was zu essen. Und ich dachte, dass er jeden Moment aufsteht, wenn sein Bier alle ist. Die anderen waren wie immer, sie fragten natürlich wer er sei und so, aber es war eine wirklich gute Stimmung, was mich sehr beruhigte (vielleicht kam der Alkohol auch dazu, whatever). Aber ich hatte natürlich trotzdem Angst, dass es ihm nicht gefällt.
Und dann war da noch der merkwürdigste Augenblick seit 2012.
Zur Erinnerung: bevor es Max als wichtigsten Menschen in meinem Leben gab, also zur Zeit als Paul aktuell war, dachte ich ja eine Weile ersterer sei in mich verknallt. Dafür hatte ich natürlich nicht wirklich Beweise, bis er einmal in Englisch eine Vortrag hielt, dann eine Stuhl wieder an den Tisch vor mich stellt, und mich im Gehen direkt angrinste. Dieser Blick ging mir unter die Haut. Es war als würde er eine Stelle in mir ansehen, die ich selbst noch nicht kannte und auch gar nicht kennen wollte.

So, und jetzt sitze ich an einen Tisch mit meiner emotionalen Abhängigkeit, frage mich, ob er denn Spaß hat und sehe zu ihm rüber und er lächelt mich an. Es gibt verschiedene Arten wie Menschen lächeln. Beschränken wir uns zur Vereinfachung auf die zwei großen Typen: echtes und falsches Lächeln. Christoph lächelt manchmal aus Höflichkeit (falsch) und manchmal lacht er, weil er etwas lustig findet (eher wahr). Das Lächeln in diesem Moment war jedoch anders. Es war stärker, echter und es hörte nicht auf. Zuerst habe ich zurück gelächelt (wohl nicht echt, denn ich machte mir Sorgen blablabla), dann habe ich weggeguckt, denn ich hatte dasselbe Gefühl wie 2012: er schaut direkt in mich hinein und ich will das nicht. Ich hatte plötzlich das Bedürfnis in meinem Bett aufzuwachen und festzustellen nur geträumt zu haben. Auf der anderen Seite war ich froh zu sehen, dass das Lächeln echt war. Es hat mich nur einfach umgehauen, genau wie das von Max damals. Und ich fing ein Gespräch mit jemanden gegenüber von ihm an, einfach um nicht mehr zu ihm sehen zu müssen.

Dann haben wir gespielt. Das hat ihm, so wie ich den Eindruck hatte, wohl Spaß gemacht.
Er ist tatsächlich so lange wie ich geblieben. Ich bin auch nur heim, weil diejenigen, die in meiner Ecke wohnen gegangen sind. Ich denke, er wäre noch länger geblieben, er war gerade Rauchen also denke ich, wenn er vorgehabt hätte gleich zu gehen, hätte er das Rauchen auch für den Heimweg aufheben können.
Einer meiner Freunde sagte noch, dass er gerne wieder kommen könnte. Naja, dann gingen wir halt gemeinsam. Es war relativ kalt draußen. Die Luft war kühl und klar.
Er sagte, er würde gerne mal wieder kommen. Ich habe ihn noch gefragt, ob er heimkommt und er meinte mehrmals, dass das schon ginge. Und dann musste er in Richtung seiner Straßenbahnhaltestelle und wir umarmten uns nochmal und ich weiß nicht mehr, ob er nur Chao, oder auch man sieht sich sagte.

Ich weiß nicht, es hat ihm bestimmt Spaß gemacht. Ich bekomme nur den Blick nicht mehr aus dem Kopf. Es war desillusionierend und ich frage mich auch, ob das Lächeln von ihm oder von mir kam.
Ich kann jedoch nicht mehr schlafen seit dem. Jedes Mal wenn ich die Augen schließe sehe ich ihn.
Lustigerweise haben wir an diesem Abend nicht einmal soviel miteinander geredet. Absicht von mir. Soll das hier wie eine Verabredung aussehen oder wie ein Abend mit Freunden?

Ich musste ihn beim Spielen der Lüge bezichtigen und er hat sich kaum gewehrt. Ist das seine zurückhaltende Art oder möchte er mich nicht angreifen, nicht mal im Spiel? Fragen über Fragen.

Eine Erkenntnis jedoch bleibt und diese bereitet mir mehr Kopfzerbrechen als alle Fragen.

Er mag mich.

Quid dicam?

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