Survivalmagazin
Samstag, 25. November 2017
Schönster Moment des Tages: Als ich im Thalia mit der Rolltreppe hinuntergefahren bin.
Warum das?
Nun ja, in einem vergangenen Beitrag hatte ich ja darüber geschrieben, dass ich meine Drittsemesterschock gefragt habe, ob er mit mir wandern gehen wolle und er meinte, dass er seine Schwester fragen wollte, ob wir das an dem Wochenende an dem sie ihn besuchen kommt machen.

Er hat mir deshalb nie wieder etwas gesagt und ich wollte nicht fragen, weil ich mir aufdringlich vor kam. Es ist schließlich seine Schwester.
Naja und das Wochenende ist jetzt.

Er hat mir jedoch erzählt, was sie ungefähr tun werden. Stadt angucken, essen gehen, der übliche Kram halt.

Ich bin ein fairer Spieler. Ich wartete bis zur Mittagszeit, um in die Stadt zu gehen. Irgendwann musste ich schließlich los ( weil wegen Hunger und ich musste mir einen neuen BH kaufen) und nun regnete es schließlich, da guckt sich keiner mit seinem Besuch die Stadt an.

In der Mensa erwartete ich fast ihn zu sehen. Sie beide zu sehen. Sie war grauenvoll, diese Anspannung. Zuvor war ich bereits in so einem schrecklich großen Einkaufszentrum. Auch dort nicht, nein. Auch wenn Leute ihren Besuch immer in Einkaufszentren mitnehmen. Als hätten die sowas nicht selbst Zuhause (man merkt, dass meine Laune nicht besonders gut ist, oder? Willkommen in meiner heutigen Gefühlswelt!)

Im Prinzip hatte ich (wenn ich es mir auch selbst nicht eingestehen wollte) folgenden Plan: Er hatte mir erzählt, dass sie sich die Bibliothek anschauen wollte, denn sie mag Bibliotheken. Und ich hatte noch eine Menge zu tun und in der Bibliothek kann ich halt am besten arbeiten, was solls!
Also wollte ich nach dem Essen gleich zur Bibliothek laufen, kam jedoch von der Uni am Thalia vorbei. Da fiel mir ein, dass ich mir diese Woche dort eine Spanischkurs bestellt hatte, den ich ja eigentlich auch gleich abholen könnte. Und natürlich dachte ich an die Tatsache, dass Besuch auch immer in den Thalia geht. Ich machte mir beim reingehen darüber Gedanken, wo sie, wenn sie denn dort wären sein könnten ... welche Abteilung? - vermutlich eher oben. Auch ich musste nach oben. Sah sie schon dort stehen, vielleicht sahen sie sich die Plüschkrankheiten an. Aber da war natürlich niemand. Hat mich nicht enttäuscht, auch damit hatte ich gerechnet. Ich versuche immer mit allem möglichen zu rechnen, damit ich nicht in diesen herzanfallnahen Zustand gerate, wenn ich Christoph sehe. Aber natürlich: Siempre es differente de lo que piensas. Ich holte mir mein Buch an der Kasse ab. Sagte meinen Namen und stellte mir vor, dass er ihn vielleicht hörte, wenn er gerade hier war. Dann bezahlte ich mich Karte und versuchte den Karton in meinen Rucksack zu stopfen.

Und dann kam die Rolltreppe. Die befindet sich neben der Kasse, in der Mitte des Raumes. Ich stieg auf die erste Stufe, blickte nach vorne, sah für den Bruchteil einer Sekunde Christoph mit einer Frau, die mit aller Wahrschienlichkeit seine Schwester war, stehen, blickte dann nach unten und versuchte ruhig zu bleiben und nie wieder nach oben zu sehen.
"Ruhig bleiben, nicht umfallen" sagte ich mir, denn es fühlte sich wirklich so an, als würde ich gleich von der beschissenen Rolltreppe fallen.
Ich sah nach oben, ich weiß gar nicht genau weshalb, vielleicht hatte Christoph mich angesehen und ich hatte es gemerkt oder ich bin einfach blöd oder was weiß ich. Ich habe ihm gewunken und er auch und dann habe ich wieder etwas weg geguckt und dann wieder hin und er sagte etwas zu seiner Schwester, ich verstand nicht, was es war, er bewegte seinen Mund. Es war bestimmt nichts über mich. Es sah wie etwas beiläufiges aus. Ich lächelte und hob noch einmal die Hand. Dann blickte ich wieder nach unten und dann wieder nach oben und sah wie er in Richtung der Kasse ging, bei der ich eben noch stand. Ich musste schon den Kopf drehen um ihn sehen zu können und blieb schließlich beim Blick nach unten.

Ich frage mich gerade warum er gerade in diese Richtung gegangen ist und ob er an der Rolltreppe nach unten geschaut hat oder ob sie vielleicht die nächsten waren, die sie hinunter gefahren sind, knapp nach mir.
Ich denke, es ist leichter zu glauben, dass sie gerade erst in den Laden kamen und noch länger dort blieben.

Ich jedenfalls ging raus. Natürlich nicht ohne den Gedanken umzudrehen und Hallo zu sagen. Aber ich riss mich zusammen, denn das letzte was ich wollte war verzweifelt wirken oder aufdringlich. Was würde Christoph tun? Er würde sich verpissen und so tat ich dasselbe. Und dann ging ich tatsächlich in die Bibliothek, wo ich zuviel nachdachte und zu wenig schaffte und sie nicht sah.

Et recte: Der schönste und schlimmste Moment des Tages, war, als ich im Thalia mit der Rolltreppe nach unten fuhr.


PS: Gestern Abend fiel mir etwas Interessantes ein: Die Suche nach dem großen Glück ist etwa so wie der Versuch einen Regenschirm trocken zu bekommen, während es regnet.

Letztlich verfolgen wir doch das falsche Ziel. Und unter dem aussichtslosen geschüttele und gewringe werden wir nass, obwohl wir einen Schirm dabei haben.

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