Survivalmagazin
Donnerstag, 2. November 2017
Die Beiträge häufen sich. Das ist wohl ein Zeichen dafür, dass es mir momentan nicht besonders gut geht.

Ich bin immer noch etwas krank. Dennoch ging ich heute in die Uni. Eine Vorlesung danach wollte ich nicht an den Campus, ich ging in die Bibliothek. Das war nicht mal direkt auf Christoph bezogen, sondern hatte einfach damit zu tun, dass ich weniger weit laufen wollte.
Zwischen dem Gebäude aus dem ich kam und der Bibliothek verläuft eine viel befahrene Straße, zum Überqueren eine Ampel. Natürlich wurde die Ampel gerade rot als ich kam. Ein üblicher Blick nach links und rechts. Das übliche Ausschau halten. Das übliche verrückt werden.
Als ich nach links blickte sah jemand Christoph ganz schlimm ähnlich. Aber er hatte keine Mütze auf und war noch relativ weit weg, sodass ich ihn nicht genau erkennen konnte. Ich versuchte nicht so lange hinzusehen. Die Ampel war immer noch rot. Ich lehnte mich lässig gegen die Säule. Lässig? Oder konnte ich einfach nicht mehr stehen.
Wieder ein Blick nach links. Der sah Christoph wirklich verdammt ähnlich und wenn er es war, dann erkannte er mich, denn ich trug eine sehr auffällige Mütze. Ich war mir nun fast sicher, dass er es war, aber er war noch zu weit weg, kam aber immer näher. Ich sah auf die Ampel auf der anderen Straßenseite. Sie wurde einfach nicht grün! Mir wurde leicht schwindelig, ich atmete tief ein und aus und sah nicht mehr nach links. Er musste schon ziemlich nah sein. Sah er mich? Würde er mich ansprechen?
Die Ampel wurde grün, ich ging über die Straße. Kein Blick nach links, kein Blick nach hinten. Ich versuchte mich auf das Atmen zu konzentrieren. Ich lief die Straße entlang, fünf Schritte, zehn Schritte, dann sah ich kurz nach hinten, sah aber in der schnellen Umdrehung nicht viel und ging dann in die Bibliothek.

So ein Scheiß.
Ich weiß nicht, warum ich nicht gewartet habe. Vielleicht hatte ich Angst oder wollte einfach nicht, dass er glaubt ich würde ihn suchen, die ganze Zeit schon auf ihn warten, auf eine Begegnung mit ihm warten, seit fucking 3 Wochen.
Ich denke in Stresssituationen reagiere ich einfach nur mit Dummheit.

Dann in der Bibliothek schaute ich im Vorlesungsverzeichnis nach den Veranstaltungen, die gerade dort stattfanden. Ich sah nach, ob da überhaupt eine war, die er in seinen Fächern besuchen könnte.
Ein Seminar gab es.

Ich gab es auf zu lernen. Konzentrieren konnte ich mich eh nicht mehr.

Ich ging dort hin. Die Veranstaltung lief noch eine halbe Stunde also setzte ich mich an einen von 4 Eingängen (der Eingang von dem ich am ehesten glaubte, dass er ihn nehmen wird, da er dem Raum in dem er vermutlich hat am nächsten war). Ja, ich weiß.
Er kam nicht. Ganz einfach. entweder war es die falsche Veranstaltung oder er hat einen anderen Ausgang benutzt, vielleicht war er es überhaupt nicht, den ich an der Ampel gesehen hatte. Ich wartete 10 Minuten nach Ende der Veranstaltung und ging dann zu meinem Seminar.

Jetzt wollte ich es jedoch wirklich wissen. Die nächsten 4 Stunden (und das wusste ich sicher, weil er es mir gesagt hatte) hatte er eine Vorlesung am Campus. Ich würde dort hingehen und da er Raucher war, würde er in der Pause wohl draußen sein. Vielleicht würde ich auch in den Hörsaal gehen, ihn suchen. Ich habe etwas, das ich ihm geben will. Ein Text auf Latein, den wir im Seminar behandelt haben. Wie auch immer, ich war zu letzterem einfach zu feige.
Ich war eine halbe Stunde am Campus und bin immer wieder raus und rein, herumgelaufen, in die Mensa, oft am Hörsaal vorbei, einmal sogar kurz zur Tür hineingeschaut (viele Köpfe, kein bestimmter) und dann unverrichteter Dinge nach Hause gegangen. Auch weil mein Husten schlimmer wurde und ich mich nicht sehr gut fühlte.

Morgen ist Freitag. Letzten Freitag habe ich ihn das letzte Mal gesehen.

Ich glaube das Schicksal lässt sich nicht verarschen.

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 209 Strommännchen  mussten schon arbeiten
Dienstag, 31. Oktober 2017
Dieses Wochenende verbrachte ich krank bei meinen Eltern Zuhause. Keine tolle Halloweenparty, aber ich möchte im Moment sowieso lieber alleine sein.

Ich habe wieder von ihm geträumt. Unter Migräne und Mandelschmerzen traf ich ihn in der Natur. Die Bäume waren noch grün, vermutlich war es Frühling. Er sagte, er wolle heute wandern gehen. Ich habe mich nicht getraut zu fragen, ob ich mitkommen kann.
Da hat der Traum die Realität doch recht gut erfasst.

Morgen geht es wieder an die Uni.
Natürlich unter dem Aspekt, dass ich ihn treffen könnte.
Schreiben will ich ihm nicht.
Noch nicht.

Heute und gestern war Max da zum Krankenbesuch. Ich weiß nicht was, aber irgendetwas ist weg. Es geht mir weiterhin gut und ich freue mich, wenn er da ist... Nur letzte Woche irgendwann bin ich aufgewacht mit dem Gedanken, dass ich ihn überhaupt nicht kenne. Es war als ob er mir wieder fremd wäre und ich sah ihn in Rückblenden der letzten Wochen und er war mir in diesem Moment tatsächlich sehr fremd.
Als ich ihn dann wieder sah war alles wie immer.

Ich glaube, was anders ist ist, dass er mir nicht mehr so sehr fehlt. Er fehlt mir noch, das ist sicher. Aber ich denke weniger oft an seine Abwesenheit.

Das macht mich sehr traurig.

Happy Halloween

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 211 Strommännchen  mussten schon arbeiten
Freitag, 27. Oktober 2017
Ciao, man sieht sich
Ich werde ein Buch mit genau diesem Titel schreiben. In diesem wird es um die letzten beiden Wochen gehen.
Kleiner Vorgriff: Man hat sich nicht gesehen.

Auf dem Campus, in der Mensa, vor dem Hörsaal, vor dem Seminarraum, auf der Straße, auf all diesen Wegen, die wir zusammen gingen...
Mir war schnell klar, dass ich verrückt werden würde, wenn ich ständig nach ihm Ausschau halt. Dennoch konnte ich es nicht vermeiden. Ich versuchte es. Wenn ich den Campus voll mit Menschen sah, ging ich schnell in die nächste Tür, um nicht zu lange zu starren. die Verlockung ist groß, unter hunderten Menschen genau diesen einen zu finden. Aber man wird wahnsinnig dabei.
Immer wenn ich Schritte hinter mir hörte oder mir Personen entgegenkamen rechnete ich damit ihn zu sehen. Wie viel Zeit habe ich jetzt zum reden? Wie reagiere ich? Was mache ich, wenn er mich ansieht und ich kein Wort aus meinem Mund bekommen? Ich hoffe er ist es nicht!
Verdammt, er ist es wirklich nicht.

Oft ging ich extra einen Umweg, ging in die Mensa in der er oft war/ist. Ich habe dort versucht, nicht groß Ausschau zu halten, aber die Hoffnung auf das Schicksal gesetzt, die Hoffnung ihm zufällig zu begegnen.

Und ja, ich gebe es zu: Ich kennen den größten Teil seines Stundenplans. Ich weiß, wann er wo Veranstaltungen hat, ich weiß, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist ihn um diese oder jene Uhrzeit da oder dort anzutreffen. Aber mehr als kurz an diesem Orten vorbeizulaufen, vielleicht oft eine winzige Zeitspanne, bevor oder nachdem er auch dort langläuft, ohne mich dort lange aufzuhalten, tat ich auch nicht.

Es gab Tage da rechnete ich förmlich damit ihm zu begegnen. Tage an denen ich rote Punkte im Gesicht und wirre Haare hatte. An dem mir beim Essen eine Nudel auf die Hose fiel und ich die ganze Zeit mit dem fleck herumlief.

Es gab Tage, da hoffte ich ihm zu begegnen. Tage an denen ich mir einbildete gut auszusehen, meine Klamotten zusammenpassten und ich auch emotional gut drauf war.

Aber ich sah ihn kein einziges Mal.

Und dann, heute, bin ich heimgefahren. Die letzten beiden Wochen waren einfach nicht gut. Mir tat immer etwas anderes am Körper weh, die Laune war im Abfluss und ich hatte Halsschmerzen.
Als ich an der Bushaltestelle saß, fing es an zu regnen. Rechts dunkle Regenwolken, links Regentropfen im Sonnenlicht.
Kein Christoph.
Ich stieg in den Bus, der noch einmal am Campus vorbeifuhr. Ich schaute erst links, dann fiel mir ein, dass wir immer rechts gelaufen waren, also schaute ich auf die rechte Seite des Weges.
Draußen liefen bereits Leute mit Regenschirmen, da fiel mir ein, dass Christoph beim letzten Mal einen in der Tasche hatte, er also auch mit aufgespanntem Schirm durch die Gegend laufen musste. Also auf Leute mit Schirmen achten.
Moment.
Da lief jemand, der ihm sehr ähnlich sah. Mütze, Kapuze. Ein Schild versperrte mir die Sicht. Der Bus fuhr ein wenig um die Kurve. Ich konnte für eine Sekunde wieder sehen.
Es war Christoph und er ging über die Straße. Er hatte die Kapute auf und sah eher nach unten als nach vorne. Ein ernster Blick. Seinen Schirm hatte er auch dabei, der Griff ragte aus der Tasche, aber er war nicht aufgespannt.
Der Bus fuhr langsam weiter.
Jetzt die Ansicht von hinten.
Eindeutig war das Christoph, die Art zu gehen, der Rucksack, die Jacke.
Und dann fuhr ich weiter und Christoph ging wohl weiter den Weg entlang und ich stieg in den Zug nach Hause und keiner schreibt dem anderen eine Nachricht.

Es geht mir wohl besser, seit ich weiß, dass es ihm gut genug (zumindest gut genug, um aus dem Haus zu gehen). Er ist noch hier. Er geht jeden Tag an die Uni. Es ist nichts verloren.

Ich habe ihm ein Gedicht mit 33 Strophen geschrieben. Er fand es gut. Ich habe ihm noch einmal geantwortet und dann hat er nicht mehr geschrieben. Ich bin unfassbar dumm und habe wohl so weit übers Ziel hinausgeschossen, dass ich den Ball nie wieder finden werde.

Am heimatlichen Bahnhof traf ich zufällig eine alte Freundin deren Mutter mich mit nach Hause nahm.
Als ich aus dem Auto stieg umarmten wir uns.
"Ciao" sagte ich
"Man sieht sich" sagte sie.

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