Survivalmagazin
Freitag, 3. November 2017
La vida no es de color rosa.
Heute war ich wieder am Campus. Ich war nervöser als sonst. So nervös, dass ich in der Mensa kaum etwas essen konnte.
Ich setzte mich in die Nähe des Eingangs und schaute jedes Mal auf, wenn jemand die Treppe hoch kam.
Christoph war nie dabei.

Irgendwann war es dann so spät, dass die Wahrscheinlichkeit, dass er jetzt noch essen gehen würde vor seiner Vorlesung, sehr gering war. Deshalb ging ich nach draußen. An den Eingängen standen natürlich wieder die ganzen Raucher. Aber kein Christoph, also betrat ich das Gebäude.
Zufälligerweise waren direkt vor dem Hörsaal Stellwände mit Fotos für einen Fotowettbewerb. Also sah es diesmal nicht so dämlich aus, vor dem Hörsaal umherzulaufen. Ich konnte mir die Fotos ansehen. Nachdem ich dann mehrmals um die Stellwände herumgelaufen bin, ohne, dass er vorbei kam, wollte ich es noch einmal draußen versuchen. Ein letzter Versuch.
Wieder durch die Tür nach draußen, Blicke zu den Stellen, wo ich ihm schon mal begegnete. Keiner.
Dann, zwischen zwei irrelevanten Körpern, stand er da. Mitten auf dem Platz. Keine Mütze. Blies Rauch aus seinem Mund, indem er sich umwandte.
Ich sah wieder nach vorne, ging weiter, sah wieder hin und ging dann zum ersten Mal in diesen 3 verdammten Wochen in die richtige Richtung.

Er sah mich an. Ich lächelte und winkte. Er lächelte auch und hob die Hand und ich hatte das deprimierende Gefühl, dass er jeden so grüßte.
Warum sollte er dies denn auch nicht tun?

Ich umarme ihn nicht, auch wenn es sich angeboten hätte und ich es auch gerne getan hätte. Ich sagte nur sowas wie "Hallo. Ich bin todsterbenskrank, komm mir nicht zu nahe."
Im Nachhinein wohl nicht die eleganteste Begrüßung.
Ich erzählte ihm von meinem Krankheitsverlauf und er fragt, ob ich denn jetzt wieder auf dem Weg der Besserung sei.
"Ja, ich nehme ganz viele Tabletten"
- oh Frau X nimmt Drogen!
Und dann fragte ich, wie es ihm denn so geht.
"körperlich gut"
Ansonsten habe er viel zu tun. 2 Hausarbeiten, elender Wirtschaftsdreck etc.
Im Laufe des Gespräches kamen wir auf das Seminar aus welchem ich ihm gestern den Text kopiert hatte. Diesen zeigte ich ihm auch. Er war etwas verwundert, dass er ihn behalten durfte. Ich habe ihm nur gesagt, dass ich ihn kopiert habe, nicht, dass dies für ihn geschehen ist.
Einige weitere Aspekte des Gesprächs sind hierfür nicht weiter relevant, ich müsste dafür ziemlich weit ausholen.
Aber der interessanteste Punkt ist folgender.
Ich habe ihn gefragt, ob er, wenn ich wieder gesund bin, endlich mit mir wandern gehen möchte. Wenn er Zeit hat.
Er sagte, dass ihn in ein paar Wochen seine Schwester besucht. Für einen Tag hatten sie noch nichts geplant. Er würde sie fragen, ob sie Lust auf wandern hätte. Sicher war er sich dabei jedoch nicht.
Dann musste er auch bald rein, da seine Vorlesung los ging.
Zum Abschied sagte er nicht Ciao, sodern "Gute Besserung", aber ich sagte Ciao und er (wie sollte es auch anders sein) "man sieht sich".

Seit dem ich mit ihm gesprochen habe, geht es mir besser. Die mit der Nervosität einhergehende Übelkeit war verschwunden und ich fühlte mich leichter und die Pechsträhne schien zu verfliegen. Ich weiß, dass dies wohl nicht lange anhalten wird, aber ich habe doch einen Lichtblick. Vielleicht kann ich mich jetzt sogar mal ein paar Stunden auf etwas anderes konzentrieren.


Ich bin mir nicht sicher, ob er sich wegen des Wanderns melden wird. Vielleicht fragt er seine Schwester überhaupt nicht, vielleicht wird das Wetter an diesem Tag schlecht oder sie hasst Wandern. Vielleicht erwarte ich auch immer nur das Schlechteste.

Vielleicht schreibe ich ihn darauf an. In einer Woche oder zwei.
Jetzt werde ich erstmal meinem Kram nachgehen. Hoffentlich hat sich mein Eindruck nicht getäuscht und er hat sich gefreut mich zu sehen.

Oder habe ich mir das nur eingebildet, da es seit drei Wochen das einzig bedeutende Ereignis für mich war.

La vida no es de color rosa.

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