Survivalmagazin
Samstag, 7. Oktober 2017
Die Antwort hat mich zum Weinen gebracht. Warum, möchte ich nicht weiter ausführen. Vielleicht auch, weil ich mir selbst da nicht sicher bin.
Wir haben ein paar Mal hin und her geschrieben. Ich habe ihm Probeklausuren geschickt und geschrieben, dass er sagen soll, wenn er noch ein paar braucht.
Mein "Ich bin immer für dich da.". Ich bin so dumm.
Irgendwann habe ich nicht mehr geantwortet, weil ich Angst vor einem Höflichkeitssmalltalk hatte, bei dem die Nachrichten immer kürzer werden.
Das war am 17.09.

Diese Woche habe ich mit Komilitonen die Einführungswoche für die neuen Studenten gemacht. Wir hatten einen Stand im Foyer der Uni und haben viele viele neue Leute kennen gelernt und beraten.
Es war das erste Mal seit 5 Wochen wieder dort und es gab keine Straßenbahnhaltestelle, keinen Fußweg, keinen Mülleimer, an dem ich vorbeiging ohne an Christoph zu denken. Ich war quasi dabei ihn zu "zerdenken". Ich habe so lange an ihn gedacht, dass ich mir im Geiste eine fremde Person kreiert habe.
Zuvor war ich beim Abschied von Max für diese Woche gleichsam emotional.
Ist das möglich?
Sieht wohl so aus.

Heute, am letzten Tag der Einführungstage, saß ich genau 2 Stunden am Stand. Die letzten Tage endlos lange, ewig dasselbe T-shirt angehabt, die Haare nicht gewaschen und vom Kneipenabend leicht verkatert und genau heute musste er durch die Tür ins Foyer hereinkommen.

Die ganze Woche hatte ich nach ihm Ausschau gehalten, jede Person seiner Größe für den Bruchteil einer Sekunde für ihn gehalten, konnte an keiner Bank vorbei ohne einen kurzen Blick zur Seite, keinen Schritt vor die Tür. Dennoch war ich mich sicher, dass er noch nicht wieder da ist, dass er noch Zuhause ist, denn was sollte er denn hier?

Aus diesem Grund glaubte ich mir selbst nicht als mein Gehirn wohl zum 5000sten Mal am Tag verkündete: "Da ist Christoph".
Ein kurzer Blick von ihm, alles klar, eine Person verdeckt die Sicht zur Tür, ich greife nach einem Traubenzucker, Herzklopfen, keine Zeit nachzudenken, Kopf hoch, er ist wieder zu sehen, erkennt mich, ich lächelte wohl und hob die Hand, ich glaube er hat auch gelächelt, wieder Person vor ihm, Herzklopfen, ich öffne das Traubenzucker, jetzt beruhige dich, er läuft auf den Stand zu, steht an meinem Platz, ein Tisch voll Flyer zwischen uns.

"Guten Tag, möchtest du Lehramt studieren?"
- er beginnt zu lächeln, ein breiteres Lächeln als eben
"Nein, auf gar keinen Fall!"
"und Latein?"
-kleineres Lächeln und dann leiser
"mal sehen"

(ich denke, das war der schönste Moment in den letzten zwei Monaten)

Ich stehe auf, beuge mich über den Tisch und umarme ihn. Zwei Tage altes T-shirt.

Er fragt mich, wie ich die Semesterferien verbracht habe.

"Kindergarten mit Kindern, Ferienlager mit Kindern..."

Er sagt, er war im August daheim und ist seit September wieder da und dümpelt so rum.

(Die ganze Zeit. Ich weiß nicht, ob es irgendetwas geändert hätte, aber: die ganze Zeit.)

Jetzt habe er einen Job. Jäten.
Ich musste zweimal nachfragen, weil ich Jäten für ein modernes Wort hielt. Er lachte darüber und machte Witze.

-Erinnerungslücke-

"Verbrennt die Ketzerin" (ich weiß beim besten willen nicht mehr wiedo, komisch wie sich manche Dinge einprägen und andere wiederum nicht)

Eine Karte für die Party, die wir organisieren wolle er erstmal nicht kaufen.
(halb) im spaß "so viele Lehrämtler auf einmal ertrage ich nicht"

Dann ist er gegangen. Erst etwas erledigen, dann in der Bibliothek lesen.
ich gab ihm ein Traubenzucker, Red Bull wollte er nicht.
"Ciao, man sieht sich."
"wir sind bis um 12 hier."

kann ein "man sieht sich bestimmt mal irgendwann" so weh tun?


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Und jetzt?
Scheiße, ich habe keine Ahnung. Ich habe keine Ahnung, was mit Max wird, ich weiß nur, dass ich nächste Woche in die Bibliothek gehen werde, um zu lesen. Vielleicht sieht man sich ja dann mal, vielleicht traue ich mich ja dann mal zu fragen, ob wir mal etwas unternehmen wollen. Wir könnten ins Kino gehen, oder ist das zu intim?
Wandern? zu anstrengend?
Die Party ist nichts für dich? Wollen wir zum Poetry Slam?
Oder einfach nur Reden?

Was machst du heute noch so?
Und morgen?
Ich mag dich.
Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt. - was könnte falscher sein?

Ich hatte morgen vor dorthin zu gehen, möchtest du mitkommen? - wirkt das aufdringlich? Wirkt das normal?

Ich würde gerne Zeit mit dir verbringen.

Alles andere kommt mir gerade ziemlich sinnlos vor.

PS: Der Sprung wurde auf den 14.10. verschoben.

Hey, ich springe morgen Fallschirm, wollen wir heute meinen letzten Tag genießen?

ich verbleibe mit kreisenden Gedanken, selbstzerstörerisch feige,
S.

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